Diakonie Baden

Ultimatum ergebnislos abgelaufen

25.04.2019

Beschäftigte in der Essensversorgung beginnen Dienst nach Vorschrift

Seit dem 22. April haben die Beschäftigten in der Essensversorgung der diakonischen Altenhilfeeinrichtung Elisabethenheim Müllheim alle freiwilligen Leistungen eingestellt und verrichten ihren Dienst ab sofort nur noch nach Vorschrift. Hintergrund ist, dass der Arbeitgeber auf ihre Forderungen nach mehr Personal bislang nicht mit konkreten Maßnahmen reagiert. Jetzt ziehen die Beschäftigten die von ihnen bereits seit zwei Monaten angekündigten Konsequenzen. Die Beschäftigten hatten ihrem Arbeitgeber in dieser Zeit ein Ultimatum gestellt. Unterstützt werden sie von der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di Südbaden Schwarzwald.

Kurz vor Ende des Ultimatums zeichnete sich ein Ergebnis für die angespannte Personalsituation ab. Zur Entlastung des Personals wurde beispielsweise ein zusätzlicher drei stündiger Dienst für den Speisesaal zugesagt, der ab 1. Mai eingeführt werden sollte. Auch wurden veränderte Arbeitszeiten vereinbart. Dieser Kompromissvorschlag wurde allerdings am 23.04.2019 vom Arbeitgeber wieder zurückgenommen, mit der Begründung , dass ver.di und die MAV nachträglich eine Erhöhung der Stellenanteile gefordert hätten. Dies sorgt für großen Unmut der betroffenen Beschäftigten, die in ihrem Ultimatum eine fünfte Präsenzkraft sowohl im Früh- als auch im Spätdienst sowie mindestens 40 Minuten Zeit pro Bewohner für die Essensversorgung gefordert hatten.

„Diese Begründung ist für uns nicht nachvollziehbar,“ sagt Ulrike Glogger von der Gewerkschaft ver.di, die das Ultimatum der Beschäftigten unterstützt. Wir haben diesen Kompromiss ausdrücklich begrüßt, allerdings wollten wir wissen, wie dieser zusätzliche Dienst personell abgedeckt werden sollte. Auf diese Antwort warten wir noch heute. Wir hoffen sehr, dass der Arbeitgeber seine Entscheidung neu bedenkt, so Ulrike Glogger weiter. Denn durch diese Kehrtwende riskiert der Träger des Elisabethenheims jetzt bewusst Engpässe in der Speiseversorgung, da die Beschäftigten angekündigt hatten, dass sie nicht mehr aus ihrem „Frei“ einspringen und nur noch streng nach Recht und Gesetz und nach Vorschrift arbeiten werden, sollte nach Ablauf des Ultimatums keine Lösung gefunden sein.

Dienst nach Vorschrift bedeutet, dass keine freiwilligen Überstunden mehr erbracht werden. Die Beschäftigten springen bei Lücken im Dienstplan nicht mehr kurzfristig aus ihren freien Tagen ein. Nun drohen Engpässe bei der Essensversorgung der Bewohnerinnen. „Der Arbeitgeber hatte nun zwei Monate Zeit, um für Entlastung zu sorgen und hat bislang nichts getan. Wir hatten bis zuletzt gehofft, dass eine Lösung gefunden wird“, sagte Aline Kessler die selbst als Präsenzkraft in der Essensversorgung tätig ist. „Der Arbeitgeber ist nun dafür verantwortlich, wenn die Essenszubereitung für die Bewohnerinnen und Bewohner jetzt nicht mehr reibungslos möglich ist. Wir können nicht mehr“, so Aline Kessler weiter.

In den vergangenen Wochen haben die Beschäftigten mit verschiedenen Aktionen auf ihr Ultimatum aufmerksam gemacht. So haben sie Flugblätter an die Bürgerinnen und Bürger in Müllheim verteilt, unterstützende Unterschriften gesammelt, am 11. April haben sie bei der badischen Landessynode mit Landesbischof Cornelius-Bundschuh gesprochen. Auch haben sie durch humorvolle und bunte Aktionen, wie einem Entenrennen im Klemmbach, auf ihre ernste Situation hingewiesen. „Unsere Kolleginnen sind einen mutigen Schritt mit dem Ultimatum gegangen und haben dafür in der Bevölkerung viel Unterstützung erfahren“, stellt Ulrike Glogger fest, bei ver.di zuständig für kirchliche Betriebe. „Mit diesem Rückenwind sorgen wir jetzt selbst für Entlastung, wenn der Arbeitgeber es nicht tut“, so Glogger weiter.

Hintergrund:
Bereits im Frühjahr 2017 wurde im Elisabethenheim angekündigt, die Zentralküche zu schließen und die Essensversorgung auf dezentrale Küchen zu verlagern. In einer ersten Welle wurden drei Kündigungen ohne die gesetzlich geforderte Zustimmung der Mitarbeitervertretung ausgesprochen. Etliche Arbeitnehmer/innen haben aufgrund der Ankündigung der Küchenschließung „freiwillig“ die Einrichtung verlassen. Die Forderung der Mitarbeitervertretung zum Abschluss eines Sozialplanes führte aufgrund der Schwäche des Mitarbeitervertretungsgesetzes nicht zum Erfolg. In einer zweiten Welle sprach der Arbeitgeber zum Ende des Jahres 2018 weitere Kündigungen aus – gänzlich ohne Beteiligung der Mitarbeitervertretung, ohne Beachtung von tariflicher Unkündbarkeit (nach AVR) und ohne Beachtung einer Sozialauswahl. Insgesamt wurden in der Essensversorgung 6,3 Vollzeitstellen abgebaut. Die tägliche Einsatzzeit wurde von 80 Stunden auf durchschnittlich 42 Stunden reduziert, ohne dass Tätigkeiten in wesentlichem Umfang weggefallen sind. Die Versorgung der rund 90 Bewohner/innen der stationären Pflege zuzüglich der Gäste des Betreuten Wohnens und diverser anderer Kunden, musste ab dem neuen Jahr von den verbliebenen Beschäftigten sichergestellt werden. Eine dauerhafte Überlastungssituation war die Folge dieses Verhaltens. Über hundert Gefährdungs- und Überlastungsanzeigen wurden an den Arbeitgeber gerichtet – ohne nennenswerte Reaktion des Arbeitgebers.